Mit der ungewöhnlichen Bekanntgabe der Ergreifung von 254 Personen während des Winters durch chinesische Grenzschutztruppen beim Versuch die Landesgrenze zu Nepal zu überqueren, heben die Behörden in Shigatse die Wichtigkeit der Sicherheitspolitik in der Präfektur hervor. Die offizielle Presse betonte auch den Erfolg von Sicherheitsmaßnahmen der Basisorganisationen in der Präfektur, und bei einem Besuch Anfang April in Shigatse (chin. Rigaze) unterstrich der Parteisekretär der Autonomen Region Tibet (TAR) Guo Jinlong, der mit Funktionären und der Verwaltung im Tashilhunpo Kloster, dem Sitz des Panchen Lama, zusammentraf, die Bedeutung der "Stabilität".
Anerkennend wurde auch die Arbeit der Grenzschutzeinheiten in der Region Shigatse während der Winterphase der Kampagne "Hartes Durchgreifen" bei einer Sitzung am 9. März des "Parteikomitees der für die Grenzverteidigung verantwortlichen Abteilung der öffentlichen Sicherheit" hervorgehoben, wie Tibet Daily am 10. März berichtet. Dort heißt es: "Während des Schlag-hart-zu-Kampfes verfolgte und faßte der Grenzschutz der Öffentlichen Sicherheit insgesamt 254 Personen, die sich über die Grenze schleichen wollten, und beschlagnahmte verschiedenes reaktionäres Propagandamaterial". Bei letzterem kann es sich sowohl um Bücher des Dalai Lama handeln wie auch um im tibetischen Exil gedruckte Flugschriften. Nach Tibet einreisende Personen, bei denen politisch verdächtiges Druckmaterial gefunden wird, werden viel härter behandelt als andere Tibeter, die beim illegalen Grenzübertritt erwischt werden, und können auch zu Gefängnis verurteilt werden. Das amtliche Blatt fuhr fort, das Grenzschutzpersonal in Shigatse sei auch "heftig gegen den kriminellen Grenzverkehr vorgegangen", wodurch "die Kriminellen in Panik gerieten".
Um an die Grenze zu Nepal zu gelangen, müssen Tibeter im allgemeinen die Präfektur Shigatse durchqueren, weshalb die Kontrolle der Grenze in dieser Region besonders ernst genommen wird. Die chinesische Regierung war letztes Jahr wegen der Flucht des 17. Karmapa ins Exil in Verlegenheit geraten. Dieser sollte eine Rolle von nationaler Bedeutung als "patriotische" buddhistische Leitfigur, die der kommunistischen Partei loyal ist, übernehmen. Dies mag zu vermehrtem Druck auf die lokalen Beamten in Shigatse im vergangenen Jahr geführt haben, die Erfolge der Grenzschutzmaßnahmen und Sicherheitspolitik stärker hervorzuheben. TIN zugegangenen Berichten zufolge fiel die Anzahl der Tibeter, die im Winter 2000/2001 die Landesgrenze ins Exil überschritten, um etwa 15% im Vergleich zu dem selben Zeitraum im Vorjahr. Während dies auf einen gewissen Erfolg der Chinesen bei ihrer Bemühung, die Menge der Grenzüberschreitungen zu reduzieren, schließen läßt, zeigen die Zahlen, daß trotz der großen Risiken immer noch sehr viele Tibeter entschlossen sind, zwischen Tibet und Nepal/Indien hin- und herzureisen.
Tibet Daily berichtete am 7. März, die Shigatse Präfektur hätte "ein neues, auf die ganze Präfektur zugeschnittenes System von Basis-Aktivitäten aufgebaut". Maßnahmen an der Basis sind Teil einer umfassenden Sicherheitsstrategie, deren Hautziele die Ausrottung des "Separatismus" und der Sympathie der Tibeter für den Dalai Lama und seine Exilregierung in Tibet sind, sowie die Verhinderung der illegalen Grenzüberschreitungen. Tibet Daily schreibt: "In den letzten Jahren maßen das Parteikomitee von der Präfektur Shigatse und die Verwaltungsbehörden der Stabilität der Lage große Bedeutung bei... auf jede Partei- und Verwaltungsebene setzten sie eine zuverlässige Person, die für die Durchführung und Handhabung der sozialen Ordnung und Sicherheit verantwortlich ist, während Landkreise, Gemeinden und Dörfer so strukturiert sind, daß eine Ebene für die andere verantwortlich ist und die eine die andere antreibt, damit alle Maßnahmen auf allen Ebenen durchgeführt werden".
Tibeter, die beim Versuch, das Land zu verlassen oder aus dem Exil wiedereinzureisen, in Shigatse festgenommen werden, kommen oft kurzzeitig in Gefängnisse auf Gemeindeebene wie Dram (chin. Zhangmu) oder Dingri und in Haftzentren auf Kreisebene wie Nyalam (chin. Nielamu), ehe sie in das als Nyari bekannte Präfektur-Haftzentrum, einem von den Chinesen gebauten und 12 Zelltrakte umfassenden Komplex, verlegt werden. Die beim Überqueren der Grenze gefaßten und nach Nyari transportierten Tibeter können mehrere Wochen, in manchen Fällen sogar mehrere Monate lang, eingesperrt sein, ehe sie entweder entlassen oder in Haftzentren ihrer Heimatprovinz verlegt werden. Politische Gefangene, die nach Ableistung ihrer Haftstrafe die Grenze zu überschreiten versuchen, sind besonders der Gefahr weiterer Inhaftierung ausgesetzt, wenn sie geschnappt werden. Ehemalige Gefangene in Nyari berichteten, daß Mißhandlung und das Schlagen der Gefangenen, Nahrungs- und Wasserentzug sowie schlechte Zustände in diesem Gefängnis üblich sind.